Im Wohnzimmer der Wildtiere
„No friends on powder day“ dieser Spruch ist für viele ein wahres Lebensmotto im Winter. Mit dem ersten Schnee beginnt für viele die schönste Jahreszeit. Endlich wieder unberührten Pulverschnee genießen. Viel Energie und Eifer wird für die Wahl der perfekten Tour investiert. Das Einholen von Information rund um Schnee, Abfahrtsmöglichkeiten und nicht zuletzt der Lawinenlage sind mittlerweile absoluter Standard vor einer jeden Skitour in unseren heimischen Bergen und darüber hinaus. Doch genauso gilt es sich Gedanken um die wirklichen Bewohner unseres Bergwaldes zu machen. Denn für sie ist der Winter mit seinen verschneiten Bergen keine „Hochzeit“, sondern absolute „Notzeit“.
Der Druck auf die Berge wurde in den letzten Jahren immer größer. Skitourengeher, Schneeschuhwanderer und andere Erholungssuchende ringen um die einsame, ungestörte Natur. Gleichwohl ist vielen dabei jedoch nicht bewusst, dass sie bei der Suche nach neuen, alternativen Routen die Wildtiere empfindlich stören. Das richtige Verhalten der Freizeitsportler entscheidet daher nicht selten über Leben und Tod unseres heimischen Bergwildes. Rot- und Rehwild ziehen im Winter an die Fütterungen, Gams in sonnige Einstandsgebiete. Werden sie von diesen durch Störungen vertrieben, meiden sie diese und verbeissen im schlimmsten Fall Knospen an den für den Bergwald wichtigen Baumarten wie beispielsweise Tanne und Bergahorn.
Die Raufußhühner sind in unseren bayerischen Alpen nach wie vor vom Aussterben bedroht und leider auch besonders störungsempfindlich. Birk- und Schneehuhn beispielsweise haben ihre Lebensweise an ihren Hauptfeind, den Steinadler, angepasst. Im Winter zwischen 10:00 Uhr und 16:00 Uhr halten sie sich in ihrem Unterschlupf auf, da in diesem Zeitraum der Adler aufgrund günstiger Thermik fliegt. Die Nahrungsaufnahme findet daher konsequenterweise in den frühen Morgen- und späten Nachmittagsstunden statt. Zumindest diese Zeiten und die Nacht sollten den tierischen Bewohnern unserer Berge für ihre ungestörte Nahrungssuche und zum Rasten bleiben.
Rücken und Grate, die von Ost nach West verlaufen, eignen sich für Schnee- und Birkhuhn besonders gut zum Überwintern. Auf den Nordseiten mit lockerem Pulverschnee suchen die Tiere Schutz in selbstgegrabenen Schneehöhlen. Bitte meidet gänzlich diese sensiblen Bereiche und Zeiten, um das gefiederte Wild nicht zu stören und im schlimmsten Fall zum Tode zu verurteilen. Denn wir alle sind nur Gast im Wohnzimmer der Wildtiere. Achten wir also gemeinsam darauf.
Mit dem Einholen von Informationen über Wildruhezonen, dem Meiden von Wintereinständen und dem Folgen der Beschilderungen können wir alle einen erheblichen Beitrag dazu leisten, unser Wild gut und fit durch den Winter zu bringen.
Weitere Informationen, sowie Handlungsempfehlungen und Bilder über Hinweisschilder findet ihr auf alpenverein.de/natuerlich-auf-tour
Matthias Wich